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Abessinien

 

Das Kaiserreich der Abessinien war eine Hochkultur in Äthiopien, die sich erstaunlich lange gehalten hat: Von vorchristlicher Zeit bis ins 20. Jahrhundert. Wir unterteilen sie grob in drei Kulturen: Die Aksum, die Zagwe und die salomonische Dynastie. Die Askum, welche zeitlich als erste aufgetaucht sind, wurden irgendwann von der Zagwe-Dynastie abgelöst, doch im Jahr 1270 kam die selbe Königsfamilie wie bereits bei den Aksum wieder an die Macht, nur nannten sie sich anders: die salomonische Dynastie. Aber wir möchten die Geschichte von Anfang an erzählen:

Das Aksumitische Reich

 

Es war einmal, so besagt es die Legende, eine junge Königin, bekannt für ihre Schönheit. Sie hatte von der Weisheit des Königs Salomon gehört und machte sich auf, ihn zu treffen. Sie bekam ein Kind von ihm und dieses nannte sie Menelik. Als Menelik 20 Jahre alt war, besuchte er seinen Vater in Jerusalem. Einer seiner Begleiter klaute die Bundeslade kurz vor ihrer Rückreise und als Menelik davon erfuhr, beschloss er, diese mit in seine Heimat Äthiopien zu nehmen. Dort wurde er dann unter dem Namen Menelik I. zum ersten König von Äthiopien gekrönt. Er herrschte von 975 bis 950 v. Chr.

Salomo empfängt die Königin von Saba. Gemälde von Giovanni Demin

Obelisk von Axum

Somit war das erste Königreich von Aksum entstanden, dessen Herrscher ihr Recht auf den Thron damit begründeten, dass sie von Salomon abstammten. Aksum war schon damals eine sehr weit entwickelte Kultur. Es wurde Handel mit Elfenbein, Flusspferdhaut, Weihrauch und Sklaven betrieben. Im Gegenzug importierte Aksum aus Indien und dem Römischen Reich Stoff-, Keramik- und Glaswaren wie auch Metalle. Wichtig für die aksumitische Wirtschaft waren auch die Landwirtschaft und die Viehzucht. Man sprach Ge’ez, eine Sprache, die noch bis in die salomonische Dynastie gesprochen wurde.

Im 4. Jahrhundert konvertierte König Ezana zum Christentum und bis heute ist Äthiopien christlich geprägt. In der äthiopisch-orthodoxen Kirche wird heute Aksum, die damalige Hauptstadt, als die heilige Stadt bezeichnet. Man sagt, in der Kirche der Heiligen Maria von Zion werde die Bundeslade aufbewahrt. In dieser historisch bedeutenden Stadt hat man auch Steinstelen (frei stehende, mit Relief oder Inschrift versehene Säulen) gefunden, wovon die grösste 33.5 Meter hoch ist und 520 Tonnen wiegt. Die Stelen wurden aus jeweils nur einem einzigen Felsbrocken gefertigt und bis heute ist unklar, wie man es damals geschafft hatte, diese Kunstwerke zu transportieren.

Münze des Ezana mit heidnischen Symbolen, geprägt vor seiner Konversion zum Christentum

Die Zagwe-Dynastie

 

Im 9. Jahrhundert wurde das aksumitische Reich dadurch geschwächt, dass die Araber einen wichtigen Hafen besetzten und somit den Handel behinderten. Das benachbarte Königreich Lasta jedoch erstarkte zusehends. Eine Fürstin dieses Volkes namens Judith vernichtete Aksum Ende des 9. Jahrhunderts endgültig. Sie wollte das Christentum ausrotten und ihren eigenen Glauben, das Judentum, verbreiten. Judith tötete die aksumitische Herrschaftsfamilie, brannte Klöster und Kirchen nieder und brüstete sich damit. Darum nannte man sie auch „Gudit“ (= Monster). Während Judiths Aufstieg wurde die Bundeslade aus Aksum auf eine Insel gebracht, damit sie dem „Monster“ nicht zum Opfer falle.

Nach 40 Jahren Herrschaftszeit wurde aber auch Judith gestürzt, und zwar von christlichen Fürsten. Doch obwohl sie ihren Glauben nicht lange hatte durchsetzen können, hatte sie Aksum endgültig zu Fall gebracht. Die neuen christlichen Fürsten, welche ursprünglich zu den Agauvölkern gehörten, brachten die Zagwe-Dynastie nach Abessinien. Der grösste Herrscher der Zagwe war Lalibela, der in der nach ihm benannten Stadt elf monolithische Kirchen erbauen liess. Monolithisch heisst in diesem Zusammenhang, dass die Kirchen aus der umgebenden Felsformation herausgearbeitet worden waren. Die Felsenkirchen sind heute noch erhalten. Die Zagwe-Könige waren keinesfalls weniger christlich als die von Aksum. Vier der Zagwe-Könige wurden später sogar als Heilige anerkannt. Sie haben das Reich wieder vereint und zu neuer religiöser und kultureller Blüte gebracht. 1270 scheiterten die Zagwe, weil sie die Städte, den Handel und die Geldwirtschaft nicht gut genug organisierten.

Bet Giyorgis, Felsenkirche von Lalibela

Die Salomonische Dynastie

 

Das erleichterte Yekuno Amlak, die Regierung zu stürzen. Er behauptete, von den Königen Aksums und somit auch von Salomon abzustammen, und beanspruchte den Thron für sich. Frisch an der Macht, nannte er sich Tasfa Jesus und Neguse Negest (= König der Könige). Alle weiteren Kaiser seiner Blutlinie trugen ebenfalls diesen Titel. Ein bisschen später entstand das Buch Kebra Negest (= Ruhm der Könige). Mit diesem versuchte man die Abstammung der Kaiser zu Salomon und somit ihr Recht auf den Thron zu beweisen. Man kann auch nachlesen, wie das äthiopische Volk zum Christentum gewechselt hat. Im letzten der insgesamt 117 Kapitel wird prophezeit, dass Äthiopien Rom und auch die Juden besiegen werde.

 

Das Volk der salomonischen Dynastie bestand hauptsächlich aus den Amharen und den Anhängern der Tigray. Diese beiden Bevölkerungsgruppen kann man dem Überbegriff „Habesha“ zuordnen. Der Begriff Habesha fasst die semitischsprachlichen Gruppen zusammen. Eine interessante Besonderheit der christlichen Habesha ist, dass sie sich an bestimmte Speiseregeln halten, die denen der Muslime und Juden ähnlich sind.

 

Im 12. Jahrhundert, noch zur Zeit der Zagwe, gingen in Europa Gerüchte über einen mächtigen christlichen Herrscher mit Namen „Priesterkönig Johannes“ um. In dessen riesigem Reich herrsche angeblich Frieden, und ausserdem seien wunderbare Völker, Tiere, Pflanzen und wertvolle Edelsteine mit magischer Wirkung zu finden. Der damalige Papst wollte den Priesterkönig aufsuchen, um mit seiner Hilfe das von Muslimen eroberte Jerusalem zu befreien.

Anfänglich wurde das berüchtigte Reich des Priesters in Indien gesucht, doch da man es nicht fand, setzte man die Suche im 13. Jahrhundert in Zentralasien fort. Als der Erfolg da dann auch ausblieb, wandte man sich im 14. Jahrhundert nach Äthiopien. Heinrich der Seefahrer (portugiesischer Entdecker) und seine Kapitäne versuchten, diesen mächtigen Herrscher aufzusuchen, um mit ihm die Muslime zu vertreiben, welche die Seidenstrasse besetzten und dem Handel mit Asien so einen Riegel vorschoben. Sie erhofften sich wertvolle Güter und Ruhm. Aber erst 1517 gelang es den Portugiesen, den äthiopischen Herrscher persönlich zu treffen. Auch nachdem sie herausgefunden hatten, dass er nicht Johannes war, erklärten sie sich bereit, den Äthiopiern zu helfen, da sie immerhin den Glauben teilten. So konnten die Portugiesen gleichzeitig auch noch koloniale Interessen verfolgen. Aber der zu dieser Zeit herrschende Lebna Dengel, noch ziemlich unerfahren, hatte kurz zuvor in einer Schlacht die Muslime vorübergehend besiegt. Er wurde unvorsichtig und bildete sich ein, diese ein für alle Mal beseitigt zu haben. Also lehnte er das Angebot der Portugiesen ab. Im Jahr 1527 – die Zagwe-Dynastie war schon längst Vergangenheit – reisten die Portugiesen ab. Ein in osmanischen Diensten ausgebildeter Soldat, den man Ahmad Gran (=Linkshänder) nannte, fiel mit einer grossen Armee in das christliche Reich der salomonischen Dynastie ein.

Karte des Reiches des Priesterkönigs Johannes in Ostafrika

Er wollte daraus einen islamischen Staat machen. Rund 15 Jahre lang sorgten die Muslime für Zerstörung. Sie plünderten und töteten, brannten Kirchen nieder und zerstörten viele Schätze. Auch Lalibela und Aksum fielen ihnen zum Opfer. Lebna Dengel sandte im Jahre 1533 einen Brief mit einem Hilferuf an den Papst. Aber erst im Jahre 1540, als Ahmad Gran längst an die Macht gekommen war, nahte Hilfe. Durch die Hilfe der Portugiesen konnten die Muslime in zwei entscheidenden Schlachten in den Jahren 1542/1543 besiegt werden. Die salomonische Dynastie hielt noch bis ins Jahr 1974 an, als der Kaiser Haile Selassie wegen einer Revolution abdanken musste.

 

Schlusswort der Autoren

 

Zu Beginn des Projekts wussten wir nur, wo sich unsere Hochkultur ungefähr befunden hatte: In Abessinien, Äthiopien. Doch von da an erwies sich die Suche als relativ schwierig. Wir brauchten einige Zeit, um überhaupt einmal den Namen unserer Hochkultur herauszufinden, denn wir fanden immer wieder die gleichen Begriffe in den Artikeln, aber den Zusammenhang sahen wir damals noch nicht.

Verstreut fanden wir Begriffe wie Aksum, Zagwe, Salomonische Dynastie, Yekuno Amlak, Lalibela und die Königin von Saba. Wir setzten uns mit einigen Texten auseinander und langsam löste sich der Nebel der Verwirrung auf.

Im Laufe des Projekts wurde es immer leichter, die Informationen einzuordnen, da wir die Zusammenhänge kannten. Es war zwar immer noch sehr schwer, den Überblick zu behalten, doch die Texte hatten eindeutig mehr Sinn. Allerdings war es noch immer nicht leicht, einzuordnen, was wahr und was falsch ist, denn unsere Quellen widersprachen sich alle ein wenig. Bei Widersprüchen versuchten wir immer mehr, selbst zu überlegen, was am logischsten erscheint und dann dafür „Beweise“ zu finden. Wir haben dazugelernt, dass Beharrlichkeit und Geduld sich auszahlen. Denn beides zusammen hat in diesem Fall dazu geführt, dass wir die Aufgabe, die anfänglich schier unlösbar schien, meistern konnten

 

Alina Schoch, Tseyang Garne, Eva Kärcher

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